Kurzumtriebsplantagen und Agroforstwirtschaft

Vom Holz auf dem Felde

28.4.2022


Die Veränderungen durch die Klimakrise treffen einen Bereich der menschlichen Gesellschaft besonders empfindlich, obwohl die reichen Industrieländer davon noch am wenigsten spüren: die Landwirtschaft. Es ist daher unausweichlich, dass es hier Veränderungen geben wird, um der Krise zu begegnen. Eine dieser Veränderungen betrifft die Tatsache, dass auf Äckern nicht nur einjähriges Getreide und Gemüse wachsen kann, sondern auch mehrjährige Pflanzen und Bäume. Der Unterschied zum Wald besteht darin, dass Ackerpflanzen gesetzlich eine Umtriebszeit (d.h. die Zeit zwischen Sähen und Ernten) von maximal 20 Jahren haben dürfen. Die Umtriebszeiten in Wäldern sind hingegen deutlich länger und können ein Jahrhundert und mehr betragen.

Nun könnte der Gedanke aufkommen, dass es doch absurd sei, Bäume auf Äckern anzupflanzen, da:

1.    Dafür Wälder da sind.

2.    Ackerbau und Forstwirtschaft hier miteinander in Konkurrenz geraten.

Das Gegenteil ist der Fall! Acker- und Forstwirtschaft ergänzen sich geradezu hervorragend und unterstützen sich – richtig angewandt – sogar. Doch der Reihe nach...

Schnellwachsende Baumbestände, die mit einer Umtriebszeit von weniger als 20 Jahren auf landwirtschaftlichen Flächen angelegt werden, heißen Kurzumtriebsplantagen. Ihre wirtschaftliche Funktion ist, in diesem Zeitraum möglichst viel Holz bzw. Biomasse zu produzieren. Da es sich meist um Weiden- und Pappelarten mit sehr weichem Holz handelt, werden diese am häufigsten zu Holzhackschnitzeln verarbeitet und in Öfen bzw. Biomasseheizkraftwerken verbrannt. Pro Hektar und Jahr können ca. 7-15 Tonnen Trockenbiomasse geerntet werden. Ein Vorteil dieser Anbaumethode ist, dass die Pflanzen nach dem Abernten (die Bäume werden nicht hoch und alt genug, um auf traditionelle Weise geschlägert zu werden) wieder aus ihren Wurzelstöcken ausschlagen, d.h. nicht noch einmal ausgesät werden müssen, wie es bei Getreide und Gemüse jährlich der Fall ist.

Es ist jedoch auch möglich, Wertholzbaumarten wie Robinie, Götterbaum und Paulownia als Kurzumtriebsplantage zu pflanzen. Besonders die Robinie bildet trotz ihres raschen Wachstums ein sehr schweres, dauerhaftes Holz, das mit Eichenholz vergleichbar ist. Der Spitzenreiter ist hier die Paulownia, die ein zwar sehr leichtes, aber dennoch festes Holz bildet und überdies mit Jahreszuwächsen aufwartet, von denen andere Baumarten nur träumen können. Sie braucht allerdings ein verhältnismäßig mildes Klima, um gut gedeihen zu können. Dafür erträgt sie auch problemlos Trockenheit und schlechten, nährstoffarmen Boden (wie übrigens auch Robinie und Götterbaum).

 

Interessant wird es nun für den Landwirt, wenn er Kurzumtriebsplantagen mit Getreide, Gemüse oder Nutzviehhaltung kombiniert. Dann spricht man von Agroforstwirtschaft (eine Kombination der Wörter und Bewirtschaftungsmethoden Agrokultur und Forstwirtschaft).

In der richtigen Anwendung dieser Methode sind bis zu 30% Mehrerträge gegenüber traditioneller Landwirtschaft möglich. Zur Anwendung kommt dabei etwa das Alley cropping, bei dem zwischen Getreidefelder Kurzumtriebsplantagen in langgezogenen Reihen angelegt werden. Quer zur hauptsächlichen Windrichtung bietet diese Art der Anlage einen Wind- und Wetterschutz für das einjährige Getreide und verhindert quer zur Hanglage Bodenerosion durch Starkregenfälle.

Die Bäume bieten den Ackerpflanzen allerdings weitere Vorteile:

·         Ihre tieferen Wurzeln befördern Wasser und Nährstoffe aus tieferen Bodenschichten nahe an die Erdoberfläche.

·         Die abfallenden Blätter düngen den Boden, was den Landwirten den Einsatz von Düngemittel erspart.

·         Kühleffekte im Sommer durch Schatten und Verdunstung aus den Blättern.

Diese mehrfachen Nutzeffekte kommen auch der Tierhaltung zugute (Silvopastorales System genannt). Hühnern beispielsweise bieten die Baumstreifen Schutz vor Greifvögeln. Diese können ihrerseits die Jungbäume allerdings nicht als Basis für Beuteflüge nutzen, da deren Äste zu dünn und biegsam sind.

Letzten Endes sind die verschiedenen Arten von Agroforstwirtschaft auch eine gute Nachricht für die Artenvielfalt, da die Baumreihen verschiedenen Tier- und besonders Vogelarten Schutz bieten. Früher waren Hecken in der Landwirtschaft ein völlig selbstverständliches Bild mit allen, damals noch nicht erkannten ökologischen Vorteilen, das mit dem zunehmenden Einsatz schwerer Maschinen mehr und mehr verschwand. Agroforstkulturen können dieses Bild zumindest teilweise wieder zurückbringen, obwohl sie Heckenlandschaften wie Streifenfluren nicht ganz vergleichbar sind. Hecken sind vielgestaltiger und bieten daher auch mehr ökologische Nischen, was die Artenvielfalt deutlich stärker unterstützt. Dennoch ist etwa das Alley cropping den heute vorherrschenden Agrarwüsten deutlich vorzuziehen.

Außerdem ist es so möglich, den Anteil der Landwirtschaft an den weltweiten Treibhausgasemissionen von derzeit 10-12% deutlich zu reduzieren. Bäume binden das CO2 aus der Atmosphäre weitaus effektiver als jede Ackerpflanze. Die schnellwachsende Paulownie kann über einen Zeitraum von 20 Jahren ca. 1 Tonne Kohlenstoffdioxid pro Pflanze speichern, während eine Linde über den gleichen Zeitraum auf knapp 60 kg kommt. Um ihr Potential auszuschöpfen müsste sie über 100 Jahre alt werden, denn ein Baum speichert umso mehr CO2 je älter er wird. Baumarten wie Paulownien oder Gräser wie Bambus hingegen sind gut geeignet, in kurzer Zeit sehr viel Kohlenstoffdioxid zu binden, was beim derzeitigen Zustand des Weltklimas dringend nötig ist!

Wertholz wird durch seinen Einsatz in Möbeln, im Bauwesen und Gebrauchsgegenständen auf relativ lange Zeit dem Kohlenstoffkreislauf entzogen. Anders beim Energieholz, wo das CO2 durch die Verbrennung wieder in die Atmosphäre gelangt.

Ein weiterer Weg wäre eine unvollständige Verbrennung durch Pyrolyse in Spezialöfen zu Holzkohle. Diese kann als wichtiger Bestandteil ökologischer Düngemittel auf Feldern und Äckern zum Einsatz kommen, wodurch der Kohlenstoff auf mindestens ein Jahrtausend aus der Atmosphäre entfernt wäre. Diesen Zeitraum braucht es auch, damit sich das Weltklima nachhaltig erholen kann!

Zu guter Letzt stellen Agroforstwirtschaft und Kurzumtriebsplantagen auch eine wichtige Entlastung für den Wald als Rohstoff- und Energielieferant dar. Der Wald steht unter erheblichem Druck durch intensive Bewirtschaftung und die Veränderungen durch die Klimakrise. Durch verstärkten Holzanbau auf Äckern und Feldern wird im Wald Raum frei die Einrichtung von Schutzgebieten, wo sich das Ökosystem möglichst ungestört erholen kann.

Am Ende kommt das auch der Lebensqualität von uns allen zugute.

 Quellen:

·         Kurzumtriebsplantage – Wikipedia

·         Agroforstwirtschaft – Wikipedia

·         Agroforestry - Wikipedia

·         Alley cropping – Wikipedia

·         Hecke – Wikipedia

·         Silvopastorales System – Wikipedia

·         Kurzumtriebsplantagen-Agroforstsysteme.pdf (hs-rottenburg.net)

·         Kurzumtriebsplantagen Energiewald Lignovis

·         Energiepflanzen.com: Energiehölzer & Energiegräser online kaufen

·         Der Klimabaum - Ein bienenfreundlicher CO2 Verwandler - Paulownia Baumschule Schröder (paulownia-baumschule.de)

·         Brennholz – Wikipedia

·         Beitrag der Landwirtschaft zu den Treibhausgas-Emissionen | Umweltbundesamt

·         Treibhausgasemissionen in der Landwirtschaft weltweit nach Bereichen | Statista

·         Landwirtschaft als Klimafaktor – Klimawandel (bildungsserver.de)


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