Emissionsfreier Güterverkehr auf der Straße

 

23.8.2021


 

Der Straßenverkehr besteht zu einem guten Teil auch aus LKWs, über die mittlerweile ein Großteil des kontinentalen Güterverkehrs abgewickelt wird. EU-weit sind es 76%, in Deutschland 72% und in Österreich 65%.

Der Warentransport ist im 21. Jahrhundert dabei so stark gestiegen, dass sich die CO2-Emissionen auf diesem Sektor ungefähr verdoppelt haben. Aufgrund der Masse an Fahrzeugen wird es einige Zeit brauchen, bis wir wirklich zu 100% elektrisch unterwegs sein werden, aber die Wende hat hier eine solche Dynamik entwickelt, dass sie nicht mehr aufzuhalten ist. 

Aktuell tobt ein Richtungsstreit, wie denn der Treibhausgasausstoß am besten zu minimieren sei und als Vorschläge werden genannt:

  • Verkehrsvermeidung
  • Verkehrsverlagerung
  • Batterieelektrische LKWs
  • Brennstoffzellen-Lkws
  • Oberleitungs-LKWs
  • E-Fuel-LKWs

Weniger Verkehr erzeugt fast automatisch weniger Treibhausgase als mehr Verkehr.

Deutlich ist weiters den Daten des deutschen Umweltbundesamtes zu entnehmen: Pro beförderter Tonne an Waren sank der Kohlendioxidausstoß zwischen 1995 und 2019 um 32,3%, die gefahrenen Kilometer nahmen hingegen pro Tonne um 78,3% zu!

Ein hohes CO2-Einsparungspotential zeigt daher auch die Verlagerung des Waren- und Schwerlastverkehrs von der Straße auf die Schiene. Eine Tonne, die mit dem LKW transportiert wird, verursachte 2019 in Deutschland je Kilometer etwa 111 Gramm CO2, beim Güterzug waren es nur 17. Bei einem E-LKW mit 100% Ökostrom beim Bau und im Betrieb sind es noch 19 Gramm CO2 pro Tonnenkilometer.

Dennoch ist es so, dass auch bei deutlicher Investition in die Bahninfrastruktur der LKW auf kürzeren Strecken aufgrund seiner größeren Flexibilität im Vorteil ist und bleibt. Auch heute schon finden etwa die meisten Gütertransporte in Österreich über Distanzen von weniger als 100 km statt. Auch in Deutschland haben Kleintransporter unter 3,5 Tonnen Gesamtgewicht mit einer Jahresfahrleistung von durchschnittlich 13.000 km den größten Anteil am Güterverkehr. Umgekehrt haben dort schwere Sattelzüge von bis zu 40 Tonnen Gesamtgewicht eine durchschnittliche Jahresfahrleistung von 106.000 km, aber den dreifachen Energiebedarf der mehr als zehnmal häufigeren Kleintransporter.

Gerade im Fernverkehr bietet sich also die Eisenbahn als treibhausgasarme Alternative zum LKW-Güterverkehr an. Zusammengefasst: Je kürzer die zurückgelegten Strecken sind, umso eher bietet sich der LKW als Mobilitätslösung an, je länger die Beförderungsstrecke wird, umso attraktiver wird die Eisenbahn.

Diese Schlussfolgerung lässt im Grunde nur eine hauptsächliche vernünftige Alternative für die Zukunft des LKW-Verkehrs erkennen: den batterieelektrischen LKW, kurz E-LKW genannt. Obwohl sich hier in jüngster Zeit viel getan hat, hinkt ihre Entwicklung der der E-Autos deutlich hinterher. Denn während die Vorteile die gleichen sind wie bei ihren kleinen Cousins – viel effizienterer und leiserer Motor, keine Abgase, kein direkter CO2-Ausstoß, billigerer Betrieb – sind doch einige Hürden mehr zu überwinden.

Der offensichtlichste Nachteil betrifft, wie bei E-Autos, neben den hohen Anschaffungskosten, die Reichweite und die Ladegeschwindigkeit. E-Laster brauchen gewaltige Batterien. Die größten bietet momentan das Schweizer Unternehmen Futuricum mit 765 KWh Nettokapazität an, die fünfeinhalb Tonnen wiegen und eine geschätzte Reichweite von bis zu 500 km ermöglichen sollen. Die momentan stärksten verfügbaren Ladestationen mit 350 KW Leistung brauchen laut Hersteller für das Aufladen bis 80% Batteriekapazität 1 h 42 min. Hinzu kommt, dass das Einsatzprofil gerade größerer LKWs nicht dem von PKWs entspricht. Sie haben deutlich höhere Fahrleistungen im Jahr und kürzere Pausen zwischen ihren Einsätzen. Das relativiert ein wenig die vom VCÖ erhobenen Daten von 83% LKW-Fahrten unter 80 km Länge. Auch die durchschnittliche Jahresfahrleistung von 13.000 km bei Kleintransportern sagt noch nichts über die tatsächlich erforderliche Bandbreite und damit Flexiblität der Fahrzeuge aus.

Im Moment liegt die Grenze der Reichweite von E-Lastwagen bei 300-500 km. Der Tesla Semi, der mit effizienteren Batterien mit größerer Energiedichte ausgerüstet werden soll und außerdem noch durch ein aerodynamisches Design mit dramatisch niedrigem Luftwiderstand überzeugt (cw-Wert von 0,36!), soll diese Reichweiten auf bis zu 800 km ausdehnen. Außerdem will Tesla für seinen Sattelschlepper ein Netz von sogenannten Megachargern errichten, die eine Ladeleistung von bis zu 1.000 KW erreichen sollen. Damit wären Ladedauern bis 80% Batteriekapazität von ca. einer halben Stunde möglich. Das würde auch ins Fahrprofil europäischer Frächter passen, die nach viereinhalb Stunden Fahrt eine Pause von 45 Minuten halten müssen.

Elektro-LKWs haben außerdem noch ein weiteres Ass im Ärmel: Da die Betriebskosten aufgrund der höheren Fahrleistung einen deutlich größeren Anteil an den Gesamtkosten eines LKWs haben, kompensiert der kostengünstigere Betrieb den hohen Kaufpreis eines E-Lasters viel früher als beim E-Auto.

Nichtsdestotrotz wird auch beim zweiten Strang der E-Mobilität im Sektor LKW viel geforscht: der Wasserstoff-Brennstoffzelle.

Diese Technologie funktioniert folgendermaßen: In einer Brennstoffzelle reagiert Wasserstoff mit Sauerstoff und erzeugt dabei Elektrizität und Hitze (derzeit in einem Verhältnis von ca. 60/40). Damit kann ein Elektromotor betrieben werden und/oder eine Batterie aufgeladen. Jedes Brennstoffzellen-Fahrzeug hat auch einen Akku an Bord, der als Zwischenspeicher dient, um etwa Lastenspitzen abzudecken oder als Pufferspeicher für zurückgewonnene Bremsenergie zu fungieren.

Trotz verschiedener Vorteile gegenüber der reinen batterieelektrischen Mobilität haben sich Brennstoffzellen-Fahrzeuge weder auf dem PKW-, noch auf dem LKW-Sektor bisher durchsetzen können, da sie auch mit einigen Nachteilen behaftet sind. So steht dem Vorteil der höheren Speicherdichte bisher der Nachteil des schlechteren Wirkungsgrades gegenüber. Wasserstoff liegt auf unserem Planeten nicht in freier Form vor, sondern muss etwa durch Elektrolyse aus Wasser gewonnen werden. Etwa zwei Drittel des ursprünglich eingesetzten Stromes gehen so auf dem Weg zu den Reifen verloren. Demgegenüber landen beim batterieelektrischen Vehikel 75-81% des geladenen Stroms als Vortriebskraft in den Rädern.

Einem weiteren Vorteil, nämlich dem der kurzen Tankzeiten, steht wiederum der Nachteil der schwierigen Speicherung des Wasserstoffs gegenüber. Er muss entweder auf 350 oder gar 700 Bar verdichtet werden (dann wiegt 1 m³ Wasserstoff 25 bzw. 40 kg), oder bei ca. -253 °C verflüssigt werden, dann wiegt er knapp 70 kg/m³ (und ist damit leichter als Styropor). Beide Verfahren erfordern aufwändige (bzw. dickwandige) Hochtechnologien, die nicht gerade billig sind. Andere Verfahren wie die Speicherung in anderen chemischen Bindungen sind noch ineffizienter und sollen daher hier nicht behandelt werden. Sie werden uns noch einmal bei den sogenannten E-Fuels begegnen.

Aufwändig ist auch der Aufbau eines Wasserstoff-Tankstellennetzwerks, das daher auch nur langsam und zögerlich voranschreitet. Die Wasserstoff-Technologie ist erst dabei, die schwierige erste Phase des Henne-Ei-Problems zu überwinden, die auch die E-Mobilität insgesamt am Anfang ausgebremst hatte.

Verschiedene Studien fanden dennoch eine breitere Anwendungspalette der Brennstoffzellentechnologie beim LKW. Besonders auf dem Sektor leichter Transporter in der Gewichtsklasse von 3,5-7,5 Tonnen wird ihnen die Chance auf einen Anteil von ca. 20% im Jahr 2030 auf dem deutschen Markt eingeräumt. Ihre größere Reichweite räumt ihnen gegenüber rein batterieelektrischen LKWs eine größere Flexibilität im Einsatz ein. Spezielle Anwendungen wie etwa Kühlwagen haben außerdem die Möglichkeit, die Abwärme der Brennstoffzelle über eine Wärmepumpe zur Kühlung zu nutzen und damit die Effizienz zu verbessern.

Gerade schwere Sattelzugmaschinen haben mit ihrer jetzigen Form jedoch einfach zu wenig Platz für geräumige Tanks und Brennstoffzellen. Gegenwärtige Versuchsmodelle wie etwa der GenH2-Truck von Mercedes verwenden daher flüssigen Wasserstoff. Diese Technologie ist jedoch nicht nur ineffizienter als unter Hochdruck gespeicherter Wasserstoff, sondern auch mit größeren Energieverlusten behaftet.

Abgesehen vom kompletten flächendeckenden Aufbau einer solchen aufwändigen Infrastruktur verspricht dagegen eine andere Technologie die Reichweitenproblematik von E-LKWs zu mildern: der Oberleitungs-LKW.

Hierbei werden besonders stark befahrene Straßen- oder Autobahnabschnitte mit Gleichspannungs-Oberleitungen ausgestattet, wie sie manchmal auch bei Omnibussen und weit verbreitet bei der Bahn zum Einsatz kommen. Mit einem entsprechenden Stromabnehmer ausgestattete LKWs können auf diesen Abschnitten den Strom der Oberleitung nutzen und sind nicht auf ihr internes Treibstoff- oder Batteriespeichersystem angewiesen. Der große Vorteil hierbei ist, dass sich dieses System mit praktisch allen verfügbaren Antrieben kombinieren lässt. Voraussetzung sind nur Stromabnehmer und Elektromotoren. Gegenwärtig laufen Testversuche in Deutschland und Schweden.

Besonders in der Gewichtsklasse ab 12 Tonnen und bei  schweren Sattelschleppern sieht etwa das Fraunhofer-Institut im Jahr 2030 den größten Zuwachs an Oberleitungs-LKWs in Deutschland. Sie könnten ab da ca. 25% der Neuzulassungen erreichen.

Eine letzte Anwendung in diesem Falle nur indirekt elektrisch betriebener LKWs stellen sogenannte E-Fuels dar. Hier werden mittels Power-to-Liquid-Technologie herkömmliche Treibstoffe wie Autogas, Benzin oder Diesel erzeugt. Die Autoindustrie kokettiert etwas mit dieser Idee, da bei erfolgreicher Umsetzung keine Änderung der Antriebstechnologie nötig wäre. Mit solch synthethisch erzeugtem Diesel lassen sich die heutigen Kraftstoffmotoren ebenso betreiben wie mit fossil erzeugten Diesel. Der Hinkefuss ist neben den nicht lösbaren Nachteilen des Verbrennungsmotors (Lärm, Abgase, Gestank, Stickoxide, geringer Wirkungsgrad) der enorme Strombedarf. Power-to-Liquid benötigt etwa die vier- bis fünffache Strommenge gegenüber der direktelektrischen bzw. batterielektrischen Anwendung. Der damit verbundene hohe Preis lässt diese Technologie allenfalls bei Flugzeugen für Kontinentalflüge plausibel erscheinen, wo elektrische Lösungen auch in Zukunft eine zu geringe Energiedichte erkennen lassen.

Keine unabhängige Studie kann derzeit nur eine einzige dieser vorgestellten Lösungswege favorisieren. Es sieht ganz nach einem Mix je nach verschiedenen Nischenvorteilen aus. Der Fahrzeugmarkt ist in Bewegung gekommen und eifrig am Sondieren und Erforschen der verschiedenen Möglichkeiten. Dennoch ist bereits zu erkennen, dass der Batterie-LKW gewisse Vorteile gegenüber den anderen Technologien besitzt und bereits dabei ist, seine Nachteile abzuarbeiten. So bietet die große Effizienz und die damit verbundenen geringen Betriebskosten einen nicht zu vernachlässigenden wirtschaftlichen Vorsprung. Die neuen 4680-Batteriezellen von Tesla mit einer Energiedichte von 300 Wh/kg versprechen dabei Reichweiten von bis zu 800 km. Allerdings ist es wichtig, die entsprechende Ladeinfrastruktur nachzurüsten. Die in Europa maximal 350 KW starken Schnelllader sind dafür noch zu schwach.

Wasserstoff-Brennstoffzellen-LKWs versprechen Reichweiten von bis zu 1.000 km und geringe Nachtankzeiten, die denen mit Diesel entsprechen. Voraussetzung dafür ist allerdings der Aufbau einer Wasserstoff-Wirtschaft. Neben der Bereitstellung von ausreichenden Mengen an Ökostrom müssen Elektrolyseanlagen und Wasserstoff-Pipelines gebaut werden, sowie ein entsprechendes Wasserstoff-Tankstellennetzwerk. Das alles braucht Zeit und Geld.

Kurzfristiger umsetzbar ist daher sicherlich die stärkere Verlagerung des Güter-Langstreckenverkehrs auf die Schiene. Hier sind die größten CO2-Einsparungen möglich. Sehr viel hängt allerdings an den Entscheidungen der Politik und den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die sie schaffen.

So ist etwa die weitere Entwicklung des CO2-Bepreisung von entscheidender Bedeutung. Davon hängt ab, wie stark sich fossile Kraftstoffe verteuern und im Gegenzug die ökologischen Alternativen attraktiver werden. Ein weiterer entscheidender Aspekt ist der Ausbau der Erneuerbaren Energien, und ob sie den Elektrizitätsbedarf der Mobilität mit abdecken kann. Das deutsche Fraunhofer-Institut hat hierfür mehrere Szenarien für 2030 entwickelt und sieht in jedem von ihnen Batterie-LKWs als am stärksten wachsendes Segment. Nur wenn genügend Strom aus Erneuerbaren Energien zur Verfügung steht und CO2 mit 100-200 € pro Tonne bepreist wird, können sich auch Brennstoffzellen-LKWs mit Wasserstoff oder Methanol in ihren jeweiligen Nischen durchsetzen. Ansonsten bleiben Diesel- oder Erdgas-LKWs noch allzu attraktive Optionen. Einzig der Oberleitungs-LKW erscheint in seiner Entwicklung verhältnismäßig unberührt von diesen beiden Steuerschrauben.

Mit mehr Gütern auf der Schiene sind allerdings bedeutend weniger LKWs umzurüsten oder neu zu entwickeln. Und weniger Treibhausgasemissionen bedeutet es auch. Neben E-LKWs wäre das daher die erste Wahl für eine klimaneutrale Zukunft.

Bildquelle: e-force-one-elektro-lkw.png (1500×750) (electrive.net)

Quellen:



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