Offshore-Windkraft

Preisreduktion um zwei Drittel in 5 Jahren

6.8.2020


 

Windenergie gilt zurecht als eine der Stützen für die notwendige Energiewende, die helfen soll, den globalen Ausstoß von klimaschädlichen Treibhausgasen zu verringern und schließlich zu stoppen. Doch gerade dieser nachhaltige Energiesektor tut sich schwer. Die Anlagen sind groß und dominieren mit zunehmender Größe stark das Landschaftsbild. Sogenannte Offshore-Windparks, die nicht an Land, sondern im Meer gebaut werden, umgehen zwar letzteres Problem, waren jedoch bisher so teuer und aufwendig, dass sie nur mit hohen staatlichen Subventionen errichtet und betrieben werden konnten.

Hier hat sich jedoch in den letzten Jahren einiges bewegt. In einem Interview, das kürzlich im Spiegel erschien, berichtete der Energieexperte Malte Jansen, der am Imperial College of London tätig ist, dass die Baukosten für Offshore-Windparks in den letzten fünf Jahren um etwa zwei Drittel gefallen sind. Dadurch können die Betreiber ihren erzeugten Strom mittlerweile für 4,5 Cent pro Kilowattstunde am Strommarkt anbieten, womit sie auch ohne staatliche Subventionen konkurrenzfähig wären. Dies jedoch nur für den Fall, dass der Strompreis nicht unter den Level der vergangenen 15 Jahre fällt.

Großbritannien, das mit 43 % seiner Stromproduktion aus Offshore-Windparks in Europa führend ist, plant daher den weiteren Ausbau seiner Kapazitäten. Bis 2025 sollen auf der Doggerbank, mitten in der Nordsee, drei Windparks mit einer Leistung von insgesamt 3.600 Megawatt entstehen. Die Gesamtkapazität des 8660 km2 großen Gebiets wird auf bis zu 13.000 Megawatt geschätzt, wobei es internationale Pläne von Dänemark, Deutschland und den Niederlanden für einen Ausbau von bis zu 100.000 Megawatt gibt.

Jetzt, wo laut Malte Jansen die Technologie zur Errichtung und dem Betrieb der großen Anlagen im Meer Routine geworden ist, bricht offenbar die interessante Zeit für die Windindustrie an: denn Offshore-Windkraft zahlt sich eher aus als Windparks an Land. Während letztere ihre Turbinen nur 15-25% der Zeit unter Volllast betreiben können, sind es bei Offshore-Anlagen 50% und mehr, einfach, weil über dem Meer der Wind stetiger und ohne Hindernisse bläst als an Land. Pro installierte Anlage können die Betreiber im Meer so das Doppelte an Energie erwirtschaften.

Neben der gewonnenen Erfahrung beim Bau der Offshore-Anlagen kommt noch der Einsatz immer größerer und effizienterer Windturbinen. "Die neueste Anlage von Siemens Gamesa, dieses Jahr erst angekündigt, hat riesige Rotoren mit einem Durchmesser von 222 Metern.", berichtete Malte Jansen. Eine solche Turbine ersetze drei kleinere Anlagen vergleichbarer Gesamtleistung (ca. 10 Megawatt), was die Kosten weiter senkt: es braucht nur eine Fundamentgründung.

Eine weitere Kostenersparnis ist die leichter gewordene Finanzierung. "Die großen Pensionsfonds zum Beispiel wissen wegen der niedrigen Zinspolitik nicht, wohin mit dem Geld.", so Jansen. "Sie stecken es jetzt gern in die Windkraft, da liegt es langfristig sicherer, als wenn sie in Kohle- oder Gaskraftwerke investieren würden."

An Land kämpfen diese Riesen allerdings mit Vorbehalten aus der Bevölkerung. Nicht nur verändern sie stark das Landschaftsbild, auch die ökologischen Folgen sind nicht zu vernachlässigen. Eine deutsche Studie wies etwa nach, dass gerade selten gewordene Vogelarten wie der Rotmilan Gegenden mit Windanlagen meiden.

Im Gegensatz zu den Offshore-Windparks. Dort wurde im Rahmen einer dänischen Studie beobachtet, dass der Lärm beim Bau eines Windgenerators (besonders der Fundamentgründung) zwar kurzfristig die ansässigen Tiere verscheucht, stehen die Anlagen jedoch erst, erhöht sich Artenvielfalt über das Niveau vom Ausgangszustand. Die Fundamentgründung der einzelnen Rotoren wirken wie Mikroinseln, die viele ökologische Nischen bieten.

Bisher wurden Offshore-Windparks hauptsächlich im Flachwasser bis zu einer maximalen Tiefe von etwa 50 Metern gebaut. Doch Länder wie Japan oder Portugal haben dabei ein Problem: ihre Küsten fallen relativ steil ins Meer ab. Ihnen fehlen die weiten, flachen Küstenschelfe, die etwa die Nordsee und das Meer um die britischen Inseln herum dominieren. Sie setzen daher auf schwimmende Windkraftanlagen, die in bedeutend tieferen Gewässern verankert werden können, als die in traditioneller Fundamentbauweise errichteten Offshore-Anlagen in der Nordsee. Diese Technologie ist jedoch erst in der Probe- bzw. Demonstrationsphase. Bis Mitte 2020 wurden weltweit erst 73 Megawatt an Kapazität installiert, bis Ende des Jahres sollen es 124 Megawatt sein.

Mit steigendem Abstand zur Küste steigt natürlich auch der Aufwand der elektrischen Übertragung via Stromkabel. Daher sind schwimmende Windkraftanlagen im offenen Meer besonders interessant für die sogenannte "Power-to-gas Technologie", wo der erzeugte Strom zur Wasserstoff- oder Naturgasproduktion eingesetzt werden kann. Das liegt jedoch freilich noch in der Zukunft. Doch gerade die Erfahrung mit der traditionellen Offshore-Windkraft zeigt, dass sich in einem Jahrzehnt viel ändern kann.

Malte Jansen zeigte sich überzeugt, dass hier noch viel geschehen wird: "Das ist meiner Ansicht nach der nächste große Schub, der uns bei der Offshore-Windenergie bevorsteht."

Zusammengestellt von Renate Brandner-Weiß und Philipp Kronbichler

Fotoquelle:
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Quellen:
https://www.handelsblatt.com/unternehmen/energie/stromproduktion-offshore-windparks-werden-die-energiewelt-nachhaltig-veraendern-/25153420.html?ticket=ST-14870199-vxk32FkCabrOzYGTUrRh-ap1
https://www.iwes.fraunhofer.de/de/presse_medien/archiv-2019/neuer-windatlas-fuer-europa-fertiggestellt.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Offshore-Windpark
https://de.wikipedia.org/wiki/Windkraftanlage
https://de.wikipedia.org/wiki/Windenergie
https://de.wikipedia.org/wiki/Offshore-Windpark_Dogger_Bank
https://en.wikipedia.org/wiki/North_Sea_Wind_Power_Hub
https://en.wikipedia.org/wiki/Floating_wind_turbine
https://www.spiegel.de/consent-a-?targetUrl=https%3A%2F%2Fwww.spiegel.de%2Fwissenschaft%2Foffshore-windkraft-in-kaum-fuenf-jahren-fielen-die-kosten-um-zwei-drittel-a-00000000-0002-0001-0000-000172270248&ref=https%3A%2F%2Fwww.google.com%2F
https://www.windpowermonthly.com/article/1689437/floating-wind-accelerate-70gw-2040


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