'Power to gas' und Brennstoffzelle

Hoffnungsträger für die Zukunft

5.10.2022



Anfang Juni 2020 beschloss Deutschland eine "nationale Wasserstoffstrategie", um die notwendige Energiewende voranzutreiben. Das zeigt einmal mehr, welcher Stellenwert dem leichtesten, flüchtigsten und am häufigsten vorkommenden Stoff unseres Universums eingeräumt wird. Es macht in gewisser Hinsicht auch Sinn, denn erneuerbare Energieerzeuger wie Solar- und Windkraft können zwar Strom aus einer schier unerschöpflichen Quelle schöpfen, aber sie sind volatil und unbeständig. Es gibt Windflauten und Stürme, Wolken und Nebel verdecken die Sonne und nachts scheint sie bekanntlich sowieso nicht...

Die gewonnene Energie muss also zwischengespeichert werden und hier kommt der Wasserstoff wieder ins Spiel. Sicher können viele sich noch an den Physikunterricht erinnern, wo demonstriert wurde, wie durch elektrischen Strom Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff gespalten werden kann (Elektrolyse). Kombiniert man diese beiden Stoffe in einer Brennstoffzelle wieder miteinander, fließt erneut elektrischer Strom, hurra! Damit scheinen alle Probleme der elektrischen Speicherung, wie sie herkömmliche Akkumulatoren und Batterien kennen, beseitigt. Denn Wasserstoff ist nicht nur der leichteste Stoff des Universums, er hat auch noch die höchste Energiedichte. 33300 Wattstunden beträgt das chemische Energiepotential dieses Gases pro Kilogramm, das allerdings nicht vollständig genutzt werden kann. Die heute am häufigsten verwendete Brennstoffzelle, die Membran-Brennstoffzelle (PEMFC) hat einen Wirkungsgrad von ca. 60%, der Rest geht durch die Wärmeentwicklung (die Zelle erhitzt sich auf ca. 80°C) verloren - oder kann durch Kraft-Wärme-Koppelung noch zur Heizung genutzt werden. Dann liegt ihr Wirkungsgrad über 80%. Auf jeden Fall erzeugt so eine Membran-Brennstoffzelle aus einem Kilogramm Wasserstoff knapp 20 Kilowattstunden (KWh) Elektrizität.

Bei solchen Daten bekommen sowohl Techniker als auch Ökonomen glänzende Augen. Denn ein Energieertrag von 20 kWh/kg auf chemischem Wege liegt bei weitem über allem, was fossile Energieträger oder auch Batterien leisten können. Die typischen Speicherdichten eines Lithium-Ionen-Akkus liegen heutzutage bei maximal 200 Wh/kg (0,2 kWh/kg), der von Dieselkraftstoff immerhin noch bei knapp 12 KWh/kg. Ein Dieselmotor erreicht allerdings einen maximalen Wirkungsgrad von ca. 40%, d.h. die Energieausbeute aus einem Kilo Dieselkraftstoff beträgt so nicht mehr als 4,76 KWh, meist eher weniger.

Fassen wir also zusammen: aus einem Kilo Wasserstoff können max. 20 KWh elektrische Energie erzeugt werden, aus einem Kilo Diesel hingegen max. 4,76 kWh. Lithium-Akkus speichern heutzutage hingegen 0,2 kWh/kg, es besteht allerdings die Hoffnung, dass Aluminium-Akkus Speicherdichten von ca. 1 kWh/kg erreichen können.

Warum wird also überschüssiger Strom aus Sonnen- und Windkraftwerken nicht einfach dazu genutzt, um mittels Elektrolyse Wasserstoff zu erzeugen, der in Tanks zwischengespeichert werden kann, um ihn bei Bedarf wieder zurückzuverstromen (Power to Gas)?

Nun, wäre es so einfach, diese Lösung würde mittlerweile längst praktiziert, allein immer noch gibt es nur wenige Pilotanlagen, obwohl in den nächsten Jahren hier Fortschritte zu erwarten sind (Deutschland plant milliardenschwere Kooperationen und Investition u.A. im sonnenreichen Marokko). Denn bei jedem der geschilderten Zwischenschritte geht ein wenig Energie verloren, so wie in der Brennstoffzelle.

Das beginnt bei der Elektrolyse, die Wirkungsgrade von 60-80% aufweist. Es braucht also 41-56 KWh Strom, um ein Kilo Wasserstoff zu erzeugen. Eine Brennstoffzelle erzeugt daraus wiederum max. 20 KWh Strom. Mindestens die Hälfte, meistens noch mehr von der ursprünglich eingesetzten Elektrizität geht bis dahin also verloren. Im Gegensatz dazu hat ein Lithium-Ionen-Akku einen Wirkungsgrad von 94%, zusammen mit Wechselrichter- und Stromübertragungsverlusten (Wirkungsgrade über 90%) kommen in der Steckdose (oder beim E-Auto auf der Straße) also gut drei Viertel des ursprünglich erzeugten Stromes an.

Die Energiebilanz für Wasserstoff sieht noch schlechter aus, vergegenwärtigt man sich eine weitere Eigenschaft dieses Gases: es ist extrem leicht und flüchtig. Unter Normaldruck (1 Bar) wiegt es auf der Erde nur 89 Gramm pro Kubikmeter. Flüssig ist es nur im Temperaturbereich von -252 bis -259°C. Dann hat es eine Dichte von immerhin 70 Gramm pro Liter (Liter=Kubikdezimeter), was in etwa dem Gewicht von gepresstem Stroh entspricht.

Das lässt die Zwischenspeicherung von elektrolytisch erzeugtem Wasserstoff zum Problem werden. Am wenigsten aufwendig ist hierbei noch die sogenannte Kavernenspeicherung, wo das Gas in natürlichen oder künstlichen Hohlräumen tief unter der Erde gespeichert wird. Für Erdgas ist dies schon heute gang und gäbe. Am besten geeignet sind Kavernen in alten Salzstöcken, die eine hohe Dichtigkeit aufweisen. Trotzdem ist ihre Kapazität für Wasserstoff geringer als die für Erdgas.

Schwierig ist die Speicherung in Drucktanks, was jedoch technisch schon problemlos möglich ist. In Wasserstofftankstellen oder Brennstoffzellenfahrzeugen wird das Gas unter 700 Bar in Edelstahl- oder kohlenfaserverstärkte Kunststofftanks gepresst, was allerdings weitere Energieverluste von etwa 12-14% mit sich bringt. Da die Dichte von Wasserstoff selbst unter solchen Drücken bei Raumtemperatur nur bei etwa 40 kg/m3 liegt (oder 40 g/l), liegt der Vorteil gegenüber Verbrennermotoren und fossilen Brennstoffen hauptsächlich in der Ökologie und Klimaneutralität. 1 Kilo Wasserstoff nimmt im Hochdrucktank gut 25 Liter ein und erzeugt gerade genug Energie, damit ein Mittelklassewagen damit ca. 100 km weit kommt. Ein guter Diesel-PKW braucht nur etwa 5-7 Liter Kraftstoff für diese Strecke.

Daher wird weiter nach anderen Möglichkeiten gesucht, um das widerspenstige Gas vernünftig speichern zu können.

Die Verflüssigung unter Tiefsttemperaturen erhöht zwar die Dichte, raubt aber noch mehr Energie (etwa 20%), obwohl in Kombination mit Druckspeicherung (transkritische Speicherung) die höchsten Dichten von ca. 100 g/l erreicht wurden. Die Isolierung der Tanks ist allerdings sehr aufwendig, außerdem treten relativ hohe Verdampfungsverluste auf. Für eine Langzeitspeicherung ist diese Technik daher nicht geeignet.

Interessanter ist hingegen die Lösung von Wasserstoff in anderen Flüssigkeiten oder sogar Metallen. Die Speicherdichte kann hier 100g/l übersteigen, allerdings muss der Wasserstoff zunächst gebunden und dann wieder herausgelöst werden, was üblicherweise durch Erhitzung geschieht. Zwar treten auch hier Energieverluste auf, doch können diese sich in Verbindung mit einem KWK-Kraftwerk (KWK=Kraft-Wärme-Koppelung) in Grenzen halten. Bisher wurden Metallhydride wie Lithium oder Magnesium untersucht, erwiesen sich aber als teuer und aufwendig. Außerdem gaben sie den Wasserstoff nur langsam wieder frei.

In den letzten Jahren wurde daher die Bindung von Wasserstoff in sogenannten LOHCs (flüssige organische Wasserstoffträger) ausprobiert. Als aussichtsreich erwiesen sich Methanol, Methylcyclohexan, Dibenzyltoluol oder Naphtalin. Es bleibt abzuwarten, welche dieser Technologien sich durchsetzen wird.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass Wasserstoff aus Elektrolyse zwar durchaus dazu geeignet ist, Überschüsse aus regenerativen Energiequellen wie Wind- und Solarenergie aufzufangen, jedoch eher für saisonale Speicher (also über mehrere Monate hinweg). Die Lagerung von Wasserstoff ist und bleibt eine Herausforderung, ganz zu schweigen vom Transport, da das heutzutage vorhandene Erdgasnetz dafür nicht ausgelegt ist. Außerdem muss man Energieverluste von mindestens 50%, bei manchen Anwendungen bis zu 70% in Kauf nehmen müssen (was bei der jetzigen fossilen Energieerzeugung jedoch auch schon der Fall ist).

Dennoch wird die Wasserstofftechnologie wohl weiter verfolgt werden, da sie auch außerhalb der Energiespeicherung Anwendung finden kann, etwa bei der Erzeugung synthetischer Kraftstoffe wie Methan - das in Flugzeug- oder Raketentriebwerken verwendet werden kann - bis hin zu Kunststoffen, für die heute noch fossiles Erdöl die Ausgangsbasis bildet. Ob es in Zukunft wirklich zu einer Wasserstoffwirtschaft kommen wird, bleibt abzuwarten.

Quellen:

·         Volker Quaschning: Erneuerbare Energien und Klimaschutz, Hanser Verlag 5. Auflage 2020

·         https://de.wikipedia.org/wiki/Brennstoffzelle

·         https://www.energie-lexikon.info/brennstoffzelle.html?s=ak

·         https://www.energie-lexikon.info/wasserstoffspeicher.html

·         https://de.wikipedia.org/wiki/Wasserstoff

·         https://de.wikipedia.org/wiki/Power-to-Gas

·         https://de.wikipedia.org/wiki/Wasserstoffherstellung

·         https://de.wikipedia.org/wiki/Wasserstoffspeicherung

·         https://www.energie-lexikon.info/wasserstoff.html

·         https://www.energie-lexikon.info/ee_gas.html

·         https://www.energie-lexikon.info/elektrolyse.html

·         https://de.wikipedia.org/wiki/Wasserstoffwirtschaft

·         https://www.energie-lexikon.info/wasserstoffwirtschaft.html

·         https://www.energie-lexikon.info/saisonaler_energiespeicher.html

·         https://de.wikipedia.org/wiki/Energiespeicher

·         https://de.wikipedia.org/wiki/Fl%C3%BCssige_organische_Wasserstofftr%C3%A4ger

·         https://www.dw.com/de/wasserstoffstrategie-deutschland-will-wasserstoff-land-nummer-eins-werden/a-53770326

·         https://de.wikipedia.org/wiki/Untergrundspeicher




per E-Mail teilen

Die Seite wird ermöglicht durch ein Kooperationsprojekt des Waldv. Energie-Stammtisches mit folgenden Partnern (in Reihenfolge der Zusage):

Ökostrom AG Link
Kastnergruppe Link
Sonnentor Link
WEB Link
APV Link