Elektro-Überland-Linienbusse in Vorarlberg

Öffentlicher Verkehr mit Zukunft

16.10.2020


Die Mobilitätswende hat den Autosektor bereits mit unwiderstehlicher Dynamik erfasst. Jedes Jahr kommen neue E-Autos mit besseren Leistungsdaten, günstigeren Preisen und höheren Absatzzahlen auf den Markt. Etwas langsamer findet diese Wende im öffentlichen Nahverkehr statt. Die allermeisten Busse - auch im städtischen Verkehr - fahren nach wie vor mit Diesel.

Dies möchte die im Jahr 2019 von der EU verabschiedete "Clean Vehicles Directive" ändern. Sie schreibt vor, dass mindestens 45% der zwischen August 2021 und Ende 2025 neu angeschafften öffentlichen Busse im Betrieb emissionsarm bis emissionsfrei laufen müssen. Mindestens die Hälfte davon muss emissionsfrei, also rein elektrisch betrieben sein. Für den Rest sind Antriebe mit Flüssig- bzw. Erdgas zulässig.

Auf Basis dieser Vorgaben sind seit Ende Februar 2020 die ersten 4 Elektrobusse der Vorarlberger Verkehrsbetriebe auf Überlandstrecken unterwegs. Dem gingen mehrere Jahre Planung und Probebetrieb voraus. Bereits 2014 wurde ein erster Testbetrieb mit einem rein elektrischen Linienbus durchgeführt. 2018 schließlich schloß sich der Vorarlberger Verkehrsverbund (VVG) gemeinsam mit dem Land Vorarlberg und der ÖBB-Postbus GmbH zu einem konkreten Beschaffungsprojekt zusammen. Der Beginn des regulären Betriebs verschob sich jedoch, weil der ursprünglich beauftragte Fahrzeugbauer den Vertrag nicht erfüllen konnte. Die Neuausschreibung konnte die Firma IVECO schließlich für sich entscheiden.

Das angeschaffte Modell Heuliez GX 337 ELEC entspricht dem neuesten Stand der Technik und konnte bereits einen Rekord verbuchen: am 11. Oktober 2019 erreichte ein Bus dieser Marke auf einer Teststrecke bei Ulm eine Distanz von 527 Kilometern mit einer Batterieladung. Im regulären Betrieb wird die Reichweite mit 290 Kilometern angegeben, was auch für Überlandbetrieb in gebirgigem Gelände ausreicht. Sechs mächtige Batteriepakete von insgesamt 343 KWh Kapazität speisen 2 Motoren mit 120 KW Dauerleistung und 1054 Newtonmetern Drehmoment. Jeder der Busse ist 12 Meter lang, 3,4 Meter hoch und wiegt leer knapp 14 Tonnen. 33 Sitz- und 44 Stehplätze befördern maximal 77 Passagiere. An zwei Ladepunkten kann mit 120 KW Leistung schnellgeladen werden, über Nacht von 23.30 bis 3.30 Uhr wird batterieschonend mit 50 KW Leistung geladen.

Selbst unter Berücksichtigung der Emissionen für die Herstellung der Batterie können die neuen Elektrobusse 90% des CO2-Ausstoßes von mit Diesel betriebenen Bussen einsparen - über die gesamte Lebensdauer des Fahrzeuges von ca. 10 Jahren gerechnet. Die Fahrgäste und Busfahrer zeigen sich begeistert von der leisen und vor allem ruhigen, ruckelfreien Fahrweise. Denn Elektromotoren brauchen kein Getriebe und somit auch keine Gangschaltung. Auch die Vibrationen eines Verbrennermotors entfallen. Und noch eine positive Eigenschaft gegenüber dem herkömmlichen Diesel gibt es, den auch Elektroautofahrer zu schätzen wissen: die Rekuperationsbremse, die beim Bergabfahren oder Abbremsen die Energie in die Batterien zurücklädt und damit die Reichweite erhöht.

Vor allem aber zeigt die Praxis dieser ersten vier Überlandbusse in Vorarlberg, dass die Elektromobilität zusehends alltagstauglich wird. Weitere Bestellungen von E-Bussen sind also unvermeidlich. Ihre Anschaffung ist allerdings nicht ganz billig. 580.000 € kostete jeder der Vorarlberger E-Busse, von denen 60.000 € aus dem Klimaenergiefonds des Bundes stammen. Es bleibt zu hoffen, dass diese Förderung noch steigen wird, während die gleichzeitig anwachsenden Stückzahlen ein Sinken des Kaufpreises nach sich ziehen wird. Nur so kann die Elektrifizierung des ÖPNV rasch voranschreiten und die EU-Richtlinien der "Clean Vehicles Directive" umgesetzt werden.

Die Anerkennung, als erstes österreichisches Bundesland diesen notwendigen Schritt getan zu haben, war den Vorarlbergern gewiss: ihr Projekt erhielt absolut verdient einen Preis für Transportsysteme mit Erneuerbaren Energien bei der Eurosolarpreisverleihung am 3. Oktober 2020 in Raabs an der Thaya.

Quellen:

Broschüre Österreichischer Solarpreis 2020 von Eurosolar Austria
http://www.eurosolar.at/Drucksorten/Solarpreis2020/Solarpreisbroschuere03102020.pdf
https://omnibus.news/ueberland-im-e-bus-quartett
https://www.electrive.net/2020/02/24/vorarlberg-erstes-e-bus-quartett-fuer-ueberland-linie/
https://epaper.neue.at/vorarlberg/2020/03/07/mit-strom-ruckelfrei-und-leise-unterwegs.neue
https://www.vmobil.at/sites/default/files/2020-04/Datenblatt%20E-Bus.pdf
https://www.iveco.com/germany/presse/veroeffentlichungen/pages/record-run-heuliez-gx-337-elec.aspx

 


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